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Stiftung Evangelisches Kranken- und Versorgungshaus zu Mülheim an der Ruhr

Eine Wachkomastation und barrierearme Wohnungen für Menschen ab 60: Die Stiftung Evangelisches Kranken- und Versorgungshaus zu Mülheim an der Ruhr, zu der die Unternehmensgruppe Ategris gehört, hat beide Angebote unter dem gemeinsamen Dach eines Neubaus gebündelt. Die KD-Bank begleitete das Projekt als Finanzdienstleisterin. 

Fotos: Ategris und Andreas Buck/KD-Bank

Investition und Finanzierung: Ausgabe 2 | 2024

5. September 2024

Mit einer feinen Antenne für individuelle Bedürfnisse

Mülheim. Ein Blinzeln, ein selbstständiges Schlucken, ein zaghaftes Lächeln … Es sind eher kleine Signale, mit denen die Bewohnerinnen und Bewohner der „Wachkomastation“ in Mülheim-Raadt ausdrücken, dass ihnen die Zuwendung des Pflegepersonals guttut. Für die 15 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Gesundheitsdienstleisters bedeuten diese Rückmeldungen aber sehr viel: Sie sind Grund zur Freude und Anerkennung ihrer Arbeit.

In täglich drei Schichten betreut das Team der Wachkomastation – Fachterminus Außerklinische Intensivpflege (AKI) – derzeit 14 Bewohnerinnen und Bewohner, bei denen infolge schwerer Hirnschädigungen, Rückenmarksverletzungen oder neurologischer Erkrankungen eine kontinuierliche oder zeitweise Beatmung notwendig ist. Einige von ihnen befinden sich in der Rehabilitationsphase eines Wachkomas. Sie können folglich keine zweckgerichteten Handlungen mehr ausüben, also auch nicht sprechen oder sich selbst ernähren.

Die Pflegenden müssen deshalb eine feine Antenne dafür haben, welche Unterstützung eine Bewohnerin oder ein Bewohner gerade benötigt. Hilfreich ist dabei, dass sie immer dieselben Personen betreuen. Dadurch nehmen sie Veränderungen im Krankheitsverlauf besser wahr. Denn obwohl viele Geräte zu bedienen sind: Es menschelt.

Kontinuität und Normalität als Handlungsmotto
Einrichtungsleiter Andreas Rost hat eine ambitionierte Maxime für die AKI, die 2022 in einen Neubau in Mülheim-Raadt eingezogen ist: „Wir wollen den Schwerstkranken ein Gefühl von Kontinuität in der Versorgung geben und sie so weit wie möglich am normalen Alltagsgeschehen teilhaben lassen.“ An zwei Tagen pro Woche kommen externe Therapeuten und Ärzte auf die Station. Wenn im benachbarten Wohnstift der Ategris-Gruppe ein Gottesdienst oder ein Fest stattfindet und die Bewohnerinnen und Bewohner dies möchten, werden sie im Rollstuhl dorthin gebracht. Ein Aufenthalt auf der Terrasse oder im Garten ist bei gutem Wetter sogar für diejenigen möglich, die ihr Bett nicht verlassen können. Dann wird es nach draußen geschoben. Eine Handmassage oder das Vorlesen von Zeitungsartikeln gehören ebenfalls zum Alltag der AKI, ebenso der Besuch von Angehörigen. „Angehörige sind uns immer willkommen und wir freuen uns, wenn sie sich mit in die Pflege einbringen“, sagt Rost.

Kontinuität und etwas Normalität im Alltag helfen auch dem Team, besser mit den schwierigen Rahmenbedingungen in der Gesundheits- und Pflegebranche umzugehen: vor allem mit fehlenden, vielen neuen oder in immer kürzeren Abständen modifizierten Gesetzen und Vorgaben.

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Enger Zusammenhalt im Team
Auch den Pflegenotstand bekommt die AKI in Mülheim zu spüren. Sechs Betten könnten noch belegt werden, wenn weitere Fachkräfte zum Team dazustoßen würden. „Wir sind nicht nur ein Team, wir sind eine kleine Familie“, schwärmt Romina Kochs, Stationsleitung AKI, und konkretisiert: „Die Zusammenarbeit ist geprägt von genauen Absprachen miteinander; so können sich alle zu 100 Prozent aufeinander verlassen. Engpässe werden gemeinsam gelöst, neues Wissen bereitwillig geteilt.“ Die gute Teamkultur ist belegbar: Seit Gründung des Bereichs AKI vor zehn Jahren hat dem Team noch kein einziges Mitglied den Rücken gekehrt.

Trotzdem sei das Arbeitsumfeld anspruchsvoll, bestätigt Kochs. Wieso hat sich die Ategris trotzdem für das Angebot einer Wachkomastation entschieden? „Wir erfüllen damit unseren Auftrag als Stiftung mit christlichen Werten“, sagt Martin Große-Kracht, Vorstand der Ategris. „Wenn wir einen erheblichen Versorgungsbedarf ermitteln und sich dort kein anderer Träger einbringt, gehen wir die Sache an.“

Sozial bauen und gestalten
Diese Aussage trifft auch für das zweite Angebot des im Jahr 2022 fertiggestellten Neubaus zu. Über der Wachkomastation im Erdgeschoss befinden sich in zwei Stockwerken insgesamt 24 barrierearme Wohnungen, vier davon rollstuhlgerecht. Die Idee dahinter: älteren Menschen zu ermöglichen, möglichst lange in ihrer vertrauten Umgebung zu bleiben. Deshalb wurden die Wohnungen so gestaltet, dass ihre Bewohnerinnen und Bewohner lange darin zurechtkommen. Wenn sich erster Pflegebedarf abzeichnet, kann dieser vom nahen Wohnstift erfüllt werden. Wenn sie ständig und umfangreich auf Hilfe angewiesen sind, können sie dort hinziehen.

Die soziale Dimension von Nachhaltigkeit spielte bei den neuen Wohnungen eine wichtige Rolle: sei es durch einen altersgerechten Zuschnitt oder durch ebenerdige und mit Haltegriffen ausgestattete Duschen. Überdachte Balkone und Raffrollos spenden den gerade für ältere Menschen so wichtigen Schatten; eine eigene Küche bietet ein Stück Unabhängigkeit; ein Fahrradstellplatz im gemeinschaftlichen Keller dient der Mobilität im nahen Umfeld. Der ökologischen Nachhaltigkeit dienen weitere Maßnahmen. Beispielsweise wurde in das Lüftungssystem eine Wärmerückgewinnung integriert. Der Energieausweis attestiert dem Gebäude entsprechend einen Primärenergiebedarf der Klasse A.

Mit konkreten Plänen Neues angehen
Auch das Neubauprojekt selbst wurde sozialorientiert angegangen. Am Standort des Neubaus befanden sich zuvor 18 Bungalows. „Wir haben Wert auf einen guten Übergang und eine frühzeitige Kommunikation gelegt: Alle Bungalowbewohnerinnen und -bewohner erhielten das Angebot, in den Neubau einzuziehen. Wir haben Ersatzwohnungen besorgt und die Umzugskosten erstattet. Auch um Pflanzen und Tiere auf dem Gelände haben wir uns gekümmert – um Bäume und Fledermäuse“, berichtet Große-Kracht.

Eine frühzeitige Kommunikation mit allen Bezugsgruppen ist aus seiner Sicht der entscheidende Erfolgsfaktor, der vielen Projekten der Stiftung nutzt. „Außerdem ist es für uns wichtig, die Rahmenbedingungen ständig im Blick zu haben: Wo geht in unserer Branche die Reise hin? Und was heißt das für uns?“ Sobald sich neue Herausforderungen als für die Ategris relevant abzeichnen, bereitet das Management zeitnah konkrete Lösungen vor, in die im zweiten Schritt alle Mitarbeitenden eingebunden werden. Das beugt Unruhe vor und dient dem konstruktiven Umgang mit Veränderungen. Viele aktuelle Themen – sei es die Digitalisierung oder künstliche Intelligenz – kämen mit diesem Ansatz auf einen guten Weg, sagt Große-Kracht.

Finanzierung braucht Branchenkenntnis
Eine profunde Kenntnis der Anforderungen an die Gesundheits- und Pflegebranche spielt für die Ategris auch bei der Wahl der Dienstleister eine wichtige Rolle. Sie war auch maßgeblich für die Entscheidung, die KD-Bank als Finanzierungspartnerin für den 7 Millionen Euro teuren Neubau einzubinden.

„Gerne haben wir unsere vielfältigen Erfahrungen mit Projekten in Kirche und Diakonie in das Bauvorhaben in Mülheim-Raadt eingebracht. Denn es ist gesellschaftlich dringend notwendig, dass Träger wie die Ategris für den steigenden Bedarf an sozialen Leistungen neue Angebote schaffen – auch so spezielle wie eine Wachkomastation“, sagt Jörg Moltrecht, Vorstand der KD-Bank. Gemeinsam mit Markus Ptok, Abteilungsdirektor Institutionelle Kunden Diakonie und Sozialwirtschaft KD-Bank, machte er sich im Juni bei einem Vor-Ort-Termin in Mülheim-Raadt ein Bild von den dortigen Angeboten. „Es war beeindruckend zu sehen, wie viele sozial relevante Aspekte die Ategris baulich umgesetzt hat und dabei trotzdem im Kostenrahmen geblieben ist“, sagt Ptok.


Auf einen Blick

7

Mio. Euro Investitionssumme

15

Mitarbeitende im AKI

14

Bewohner/-innen im AKI

24

barrierearme Wohnungen

Auf diese Ziele der globalen Nachhaltigkeitsziele, Sustainable Development Goals (SDGs), zahlt das Projekt ein.

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